Indiens Demographie oder wie Malthus widerlegt wird

14 Okt

Pressemeldung der Firma Institut für Demographie, Allgemeinwohl und Familie e.V

Indien gehört zu den großen Schwellenländern,  die wirtschaftlich und politisch in der multipolaren Welt eine immer größere Rolle spielen. Selbst auf dem Höhepunkt der Flüchtlingskrise besuchte Bundeskanzlerin Angela Merkel den Subkontinent. Das Bild Indiens in Europa ist weitgehend geprägt von IT-Experten, schwerreichen Industriellen und gleichzeitig unvorstellbarer Armut sowie von einem galoppierenden Bevölkerungswachstum. Wie sieht es jenseits der Klischees aus, was die demographische Situation betrifft?

Die Theorie von Thomas Robert Malthus besagt, daß das demographische Wachstum unaufhaltsam und unerträglich zu werden droht, daß die Sterblichkeit dramatisch zunehmen und es unmöglich sein werde, den Nahrungsbedarf zu decken oder gar zu befriedigen. Inwieweit hat sich dieses Szenario in Indien seit der 1947 erlangten Unabhängigkeit bestätigt,  oder inwieweit wurde es entkräftet? Malthus formulierte "Grundgesetze unserer Natur", wie er sie nannte, und leitete 1798 daraus sein Prinzip ab und schrieb: "Ich behaupte, dass die Vermehrungskraft der Bevölkerung unbegrenzt größer ist als die Kraft der Erde, Unterhaltsmittel für den Menschen hervorzubringen".[1] Demnach müsse die Menschheit ihr demographisches Wachstum  den unweigerlich limitierten Unterhaltsmitteln anpassen.

Versetzen wir uns ins Jahr 1947 – das Jahr der Unabhängigkeit Indiens: das Land zählt etwas mehr als 350 Millionen Einwohner auf einer Fläche von 3.287.000 Quadratkilometern – also sechsmal so groß wie die Grundfläche Frankreichs, fast neunmal so groß wie Deutschland.  Die Vorzeichen sind beunruhigend. Aufgrund der hohen Fruchtbarkeit von fast sechs Kindern pro Frau und der Möglichkeit die Sterblichkeitsrate zu senken – zum Beispiel durch die allgemeine Anwendung von Impfungen – könnte die Bevölkerung beträchtlich wachsen, wohingegen die Nahrungsmittelproduktion oder das Bruttoinlandsprodukt weniger stark ansteigen. Ohne beträchtliche Nahrungsmittellieferungen drohten daher Unterernährung und Sterblichkeit in Indien katastrophale Ausmaße anzunehmen.  Hat sich dieses Schreckensszenario bewahrheitet?

Dank des medizinischen und hygienischen – zugegebenermaßen immer noch unzureichenden – Fortschritts sank die Kindersterblichkeit zwischen 1950 und 2014 von 164 Todesfällen pro tausend Geburten bei unter Einjährigen auf 44.[2] Ein Rückgang von insgesamt 73%, während die Gesamtsterblichkeit um 74% von 127 Todesfällen pro tausend Einwohner auf nunmehr 7 fiel. Im selben Zeitraum verdoppelte sich die Lebenserwartung nach der Geburt nahezu von 36,2 auf 66 Jahre. Während die Fruchtbarkeit von sechs Kindern in 1950 auf 2,4 in 2014 zurückging, bescherten die Auswirkungen des demographischen Übergangs[3] eine Bevölkerungszunahme um das 3,6-fache auf  1,296 Milliarden[4] Menschen in 2014.

Insbesondere folgende Faktoren ermöglichten diese Entwicklung:

– die Nahrungsmittelproduktion hat sich fast vervierfacht und stieg somit schneller als das demographische Wachstum,

– das Bruttoinlandsprodukt (in konstanten Preisen errechnet) hat sich verzwanzigfacht.

Somit hat Indien, zumindest für die Zeitspanne von seiner Unabhängigkeit bis heute, Malthus widerlegt, indem es bei der Nahrungsmittelproduktion einen stärkeren Anstieg als beim Bevölkerungswachstum verzeichnete. Letzteres wurde durch die Verbesserung der Lebensbedingungen begünstigt. Gewiss hat Indien noch einen weiten Weg vor sich, denn die FAO[5] schätzt die Anzahl der unterernährten Menschen in diesem Land im Zeitraum von 2012 bis 2014 auf 190 Millionen. Das ist beträchtlich, allerdings zeigt sich die Verbesserung in den Prozentwerten: 15,2% der Bevölkerung galten im Zeitraum von 2012 bis 2014 als unterernährt, während es 15 Jahre zuvor noch 23,8% waren.

Auch wenn Malthus widerlegt ist und Bevölkerungswachstum keine fatale Entwicklung nach sich ziehen muss, gilt natürlich: Eine dauerhafte Entwicklung[6] Indiens erfordert nach wie vor die Fortsetzung der stetigen Bemühungen. Und sicher auch Reformen im gesellschaftlichen Bereich.

Professor Gérard-Francois Dumont gehört zu den renommiertesten Demographen in Frankreich. Er lehrt in Paris. Schwerpunkt seiner Forschungsarbeiten ist die politische Demographie oder Geopolitik der Bevölkerungen. Er ist Herausgeber der Monatszeitschrift Population et Avenir, aus der wir mit freundlicher Genehmigung des Autors den vorliegenden Aufsatz übersetzt haben.

[1] Malthus, Thomas Robert, Das Bevölkerungsgesetz, 1798.

[2]Sardon, Jean-Paul, "La population des continents et des pays", Population &Avenir, Nr. 720, Nov-Dez 2014, www.population-demographie.org/revue03.htm

[3] Zeitspanne, in der eine Bevölkerung von hohen Sterblichkeits- und Geburtenraten zu niedriger Sterblichkeit und dann zu niedrigen Geburtenraten wechselt.

[4]Dumont, Gérard-Francois, "L’Inde, le nouveau milliardaire", Population &Avenir, Nr. 677, Mrz – Apr 2006. "L’Inde – un marché ‚milliardaire‘ fortement croissant, mais pluriel", Accomex, Nr. 99, Mai-Juni 2011.

[5] FAO (Die Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen), L’état de l’insecurité alimentaire dans le monde, 2014, p. 46.

[6]Zur Einführung bezüglich der dauerhaften Entwicklung Indiens s. Gachet, Eric, "Croissancedémographique et développement durable. Etude de cas sur l’Inde et le Brésil", Population &Avenir, Nr. 698, Mai-Juni 2010.



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